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Musée Updates

Wie ein Graffiti zum «Objekt» wird

Naegeli und Zürich Parkgaragen

Nicht nur in der ETH-Garage sind Sprayzeichnungen von Harald Naegeli aus den 1970er-Jahren erhalten. In Zürich sind in den Parkhäusern Jelmoli, Sihlquai und Hohe Promenade konservierte Original-Graffitis zu sehen.

Parkhaus Jelmoli

Unweit von der geschäftigen Bahnhofstrasse befindet sich am Steinmühleplatz 1 das Parkhaus Jelmoli. Am Ende der Parkspirale trifft man auf drei Figuren von Naegeli, die im Rahmen der Sanierungsarbeiten 2008-09 erhalten wurden. Zuvor waren andere Sprayer in der Garage aktiv und haben Naegelis Figuren teilweise mit roter und blauer Farbe übersprayt. Bei den Sanierungsarbeiten wurden Naegelis Spraylinien einfach ausgespart, indem mit der neuen Farbe teilweise dicht an die Figur herangemalt wurde. Neben den drei Figuren im Parkhaus ist noch eine vierte im Treppenhaus erhalten. Diese ist jedoch zur Hälfte überstrichen worden.

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Parkhaus Sihlquai

Im Parkhaus Sihlquai unweit des Carparkplatz beleben nur noch zwei von Naegelis Fantasiewesen (1978) das Treppenhaus. Eine Augenfigur mit Fühlern und eine Urfrau mit Doppelauge. Das Parkhaus wird von der Stadt Zürich betrieben und bei der Sanierung 2009 wurden die Figuren ausgespart und zusätzlich mit einer Plexiglasplatte geschützt.

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Parkhaus Hohe Promenade

An der Rämistrasse zwischen Kunsthaus und Bellevue liegt der Eingang des Parkhaus Hohe Promenade, welches ebenfalls der Stadt Zürich gehört. Im Lift weist eine kleine Tafel auf die verborgenen Kunstwerke hin. Im Geschoss M befinden sich drei gut erhaltene Sprayzeichnungen von Naegeli aus dem Jahr 1978. Bei der Sanierung des Parkhaus 2010 traf man eine ähnliche konservatorische Massnahme wie im Parkhaus Sihlquai. Die Figuren, darunter eine Urfrau, eine Spinne und ein Käfer, wurden beim neuen Anstrich ausgespart und mit einem Schutzlack versehen.

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Parkhaus Urania

Neben der ETH-Garage gab es bis Mitte der 80er-Jahre ein ebenso umfangreiches Figurenkabinett im Parkhaus Urania. Das SRF hat 1983 die Suite in einem Kurzfilm dokumentiert und so für die Nachwelt konserviert. Andreas Müller-Weiss hat den «Autosilo» und die Figuren ebenfalls in seiner Grafic Novel thematisiert.

Film:

«kann es an den mauren liegen, dass menschen ruchlos sind? Ingewissen sinn ja, mauern sind es, symbolische und reale, welche den zugang zurmenschlichkeit versperren –betonmauern scheinen für ewigerrichtet,menschliches abzuwehren.»

aus Harald Naegeli: «mein revoltieren mein sprayen», 1979

So kamen die Graffitis ins Museum!

Nervenkitzel beim Ausstellungsaufbau

Es ging um Millimeter und war bis zum Schluss nicht sicher, ob wir das grosse Graffiti aus der ETH Parkgarage bei uns präsentieren können. Der Durchgang in den grossen Ausstellungssaal hat eine Höhe von 2.10m, das Graffiti misst aber 2.30 x 2.90 Meter. Wie soll das aufgehen? Die sechs starken Männer der Transportfirma Möbel-Transport AG haben es – mit Hilfe unseres bewährten Krans – geschafft, das 450kg schwere Graffiti-Fragment in den Ausstellungsraum zu bringen. Die Erleichterung war für alle Beteiligten und Zuschauenden gross und die beiden kleineren Fragmente waren nur noch Peanuts dagegen! Nun stehen sie alle in unserer Ausstellung – als Museums-Sensation. Denn Original-Graffiti im Museum – das ist ein Novum! Wir danken der ETH Zürich, dass sie uns die Graffitis als erstem Museum ausgeliehen und die hohen Transportkosten, die wir selbst nicht hätten stemmen können, übernommen hat.

Fotos: ©Manuela Hitz / Anna-Barbara Neumann

Die Comic-Biografie ist da!

Die Neuauflage des 1993 erschienenen Kult-Comics von Andreas Müller-Weiss, alias Sambal Oelek ist im Musée Visionnaire erhältlich. Zudem sind einige der Original-Zeichnungen in der aktuellen Ausstellung «Mensch und Vergänglichkeit» zu sehen.

Preis: 35 CHF

Herausgeber und Verlag: Musée Visionnaire, Zürich
Umschlag: Harald Naegeli, Zeichnung auf Papier, 1979 ©ProLitteris, 2021
Grafik: Afrika Design Studio, Zürich
Digitalisierung: Alexandre Almirall, Archive de la Ville de Lausanne
Druck: Druckerei Odermatt, Dallenwil

ISBN 9 783033 086043

Fotos: ©Anna-Barbara Neumann

„Living Archive“ Auf den Spuren von Harald Naegeli

Über vierzig Jahre lang gehörte die ETH Parkgarage zu Harald Naegelis Lieblingsplätzen. Die ersten Sprayzeichnungen, die er hier machte, datieren aus den 1970er-Jahren. Die letzten entstanden 2019. Auch in den über dreissig Jahren, in denen der Sprayer von Zürich seinen Wohnsitz aus politischen Gründen nach Düsseldorf verlegt hatte, kehrte er auf seinen kürzeren oder längeren Stippvisiten in seine Vaterstadt immer wieder an diesen Ort – oder Unort – zurück, um neue Graffiti zu machen oder bereits vorhandene, etwas in die Jahre gekommene, aufzufrischen oder zu ergänzen.

Insgesamt etwa 40 Graffiti sind so über den Zeitraum von mehreren Jahrzehnten entstanden und haben aus der unwirtlichen Tiefgarage ein Gesamtkunstwerk, ein einzigartiges Höhlenmuseum gemacht. Nirgendwo auf der Welt findet sich eine vergleichbare Graffiti-Sammlung von Harald Naegeli, der 2020 mit dem Kunstpreis der Stadt Zürich ausgezeichnet wurde.

Der sorgfältige Umgang der ETH Zürich mit den Graffiti im Zuge der notwendigen Sanierung der ETH Parkgarage ist ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber Harald Naegelis Werk. Allen Bemühungen zum Trotz können jedoch nicht alle 40 Graffiti erhalten werden. Ein gutes Dutzend der Sprayzeichnungen wird dem Umbau notgedrungen zum Opfer fallen. Das ist ebenso bedauernswert wie verständlich. Graffiti gehören zur ephemeren Kunst, sind nicht für die Ewigkeit gedacht, sondern auf Zeit angelegt.
Diesen Umstand hat das Musée Visionnaire im Rahmen von Workshops für Kinder und Jugendliche in der ETH Garage aufgenommen. Schülerinnen und Schüler wurden unter der Leitung von Manuela Hitz, künstlerische Leiterin des Musée Visionnaire, und den Klassenlehrerinnen Christina Studer und Patrizia Studer über mehrere Wochen an die Thematik herangeführt, um sich schliesslich auf ihre eigene Art mit dem, was ist – und dem, was bleibt oder eben nicht bleibt – auseinanderzusetzen.

Evelyn Steigbügel hat den Prozess mit der Kamera begleitet. Entstanden ist ein Video, das Einblick in zeitgemässe Vermittlungstätigkeit gibt und zeigt, wie Kreativität ausserhalb des Schulzimmers individuell und unkonventionell freigesetzt werden kann.

Sechstklässler, die im Rahmen des Pilotprojekts «Schule im Museum» jede Woche einen Morgen im Musée Visionnaire verbringen, werden in der ETH Garage zu engagierten Vermittler*innen und geben ihr Wissen an jüngere Kinder weiter. Andere machen sich Gedanken zu Kunst und ihrer Vergänglichkeit, drücken sich gestalterisch aus, werden zu einem Rap inspiriert oder interpretieren die Graffiti mit akrobatischen Einlagen.

Die Spinne beim Ausgang
Sie mag den Ort denn es hat viel Staub. Schon lang ist sie da, denn sie lauert und beobachtet alles um sie herum. Niemand ist vor ihr sicher. Doch jetzt muss sie noch einiges aufschnappen bis sie verschwindet. Sie wird noch ein Netz spannen und damit so viel wie möglich abfangen. Ich werde ihr noch einmal danken, dass sie mir ein Teil von ihr und ein Teil von Harald Naegeli gezeigt hat. Hoffentlich können das die anderen Graffitis auch so gut wie die Spinne. Denn es interessiert mich sehr wie Harald Naegeli sprayt oder was seine Graffitis ausstrahlen. Spinne du bist weg. Jetzt hast du ausgnetzt.

Aglaja, 12 Jahre

Der stets weglaufende Fisch!
Lieber Fisch!
Du versuchst wegzulaufen, doch vor der Veränderung kann man nicht weglaufen! Ein grosses, starkes Graffiti bist du und du schaust immer gerade aus! Doch wie wirst du reagieren, wenn viele deiner Freunde verschwinden? Wird sich deine Laufbahn einschränken? Gibt es dann überhaupt noch einen Grund wegzulaufen?
Wenn alles verschwindet und die ETH-Garage nur noch eine normale Autogarage ist!
Lieber Fisch, du warst für mich immer eine Aufmunterung!
Wenn es mir mal nicht gut ging, sah ich mir immer deinen Blick, der stets, stolz nach vorne sieht. Auch wenn du Angst vor etwas hattest und man das auch sah du liefst immer weiter egal was passierte! Denn die Angst kann uns auch antreiben!
Also sei nicht traurig! Veränderungen sind meist schmerzhaft, aber sie können einem auch ein ganz neues Blickfeld geben!
Sieh weiterhin nach vorne und sei stolz darauf, dass du ein von Harald Nägeli gespraytes Graffiti bist!
Ich werde die Anderen auch vermissen!
Deine Inga

Graffiti mit Rad
Ich mag das Graffiti, weil es einfach ist. Zuerst sah ich vor allem Striche. Doch mit der Zeit entdeckte ich das Wesen mit dem Rad in den Strichen. Dieses Graffiti gehört zu den ungefähr 40 Graffitis in der Garage der ETH Zürich. 1979 wurde Naegeli beim Sprayen vom Hauswart ertappt. Leider werden einige Graffitis bald einer Sanierung zum Opfer fallen und verschwinden. Wenige werden zum Glück gerettet.
Dieses Graffiti ist ruhig und unauffällig und besteht fast nur aus Ecken und Linien, die auch an die Leitungsrohre an der Decke erinnern. Das Rad fällt auf. Es sei das Rad des Fortschritts. Dinge verändern sich, und das Rad dreht sich weiter und weiter. Das Rad regt zum Nachdenken und Weiterentwickeln an. Tictac Tictac Tictac… Luis und mich hat es zu Luftsprüngen mit Velorädern inspiriert.

Anouk, 12 Jahre

Durch die Workshops in der ETH Garage wurden sie zu Zeitzeugen eines Kulturgutes, das es in dieser Form in absehbarer Zeit nicht mehr geben wird, durch ihre aktive Auseinandersetzung mit den Graffiti jedoch im Sinne eines lebendigen Archivs in Erinnerung bleiben wird.
Im Rahmen unserer Vermittlungsworkshops mit «Schule im Museum» haben wir zahlreiche Führungen und Workshops in der Garage mit Kindern und Erwachsenen durchgeführt:
Von März – Mai 2021
– haben über 600 Kinder und 300 Erwachsene die Garage besucht.
– haben 15 Kinder andere Kinder durch die Garage geführt.
– haben wir 23 Workshops organisiert.
– fanden in Kooperation mit guerillaclassics zwei musikalische Naegeli-Spaziergänge statt.
– wurden über 2000 Fotos geknipst.
– wurden 18 Abschiedsbriefe verfasst.
– ist ein Film von Evelyn Steigbügel entstanden.

 

Fotos: ©Manuela Hitz, guerillaclassics,
Text: Yvonne Türler

Auf Naegelis Spuren im Maderanertal

Zwischen schneebedeckten Berggipfeln, üppigen Blumenwiesen und Kuhglockengeläut wandern und dabei noch Naegeli-Figuren entdecken – ja das geht!
Seit fast 30 Jahren hausen Naegelis Höhlenbewohner im Maderanertal im Kanton Uri. In den 90er-Jahren hat der Sprayer von Zürich auf einer Wanderung von Bristen zur Windgällenhütte (2023m) zahlreiche Spuren hinterlassen. Viele davon sind durch Wind und Wetter verschwunden, doch geblieben sind vier Sprayzeichnungen in sonderlichen kleinen Betonhäuschen.

Mit der Luftseilbahn Bristen-Golzeren erreicht man bequem die Bergstation auf 1395m. Für die Sportlichen ist der 536m steile Aufstieg von der Talstation auch zu Fuss möglich. Bei der Bergstation angekommen, führt ein ebener, ca. 1km langer Spazierweg zum idyllischen Golzernsee. Auf diesem Weg trifft man in regelmässigen Abständen auf kleine Betonhäuschen. In eben diesen Häuschen, welche den Einheimischen als Lawinenschutz dienen, hat Naegeli seine Figuren auf den kahlen Beton gesprayt. Augenfiguren, Blitze und Pflanzengewächse beleben die unbehaglichen Orte und interagieren mit Alltagsgegenständen, welche in den Schneebunkern gelagert werden.

Verpflegen kann man sich in der Nähe des Golzernsee in zwei Gasthäusern oder mit mitgebrachtem Proviant an einem der zahlreichen Picknick-Plätze mit Feuerstellen am Seeufer. Wer die Badehose eingepackt hat, kann sich bei einem Sprung in den kühlen Bergsee vor dem Rückweg noch erfrischen!

Fotos: ©Anna-Barbara Neumann

Harald Naegelis Flamingos

Das Motiv des Flamingos taucht seit Jahrzehnten immer wieder in Harald Naegelis Werk auf. In früheren Arbeiten erscheint der Vogel in filigranen Tusch- und Aquarellzeichnungen, seit 2016 auch im öffentlichen Raum: zuerst in Düsseldorf, später auch in Zürich. In der «Wolkenpost» reflektiert Harald Naegeli regelmässig über seine Flamingo-Figuren, hier in einer Mail vom 26. September 2016:

 

 

Liebe Freunde,

schon wieder ist ein Flamingo aus dem Zoo ausgebrochen! In jedem Zoo sowie in jedem Gefängnis in demokratischen Ländern gibt es für die Insassen eine Bibliothek! Unser Flamingo interessierte sich besonders für Rilkes berühmtes Gedicht «Archaischer Torso des Apollo», das so endet: «…denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht, Du musst dein Leben ändern!»

Nun hat er sein Leben geändert und zeigt uns, was Schönheit und Freiheit ist!

Sagt die Wolke, die herzlich grüsst

Bild 1: Flamingos, 1987 ©ProLitteris, 2021
Bild 2: Flamingo & Wanze, 2021 ©ProLitteris, 2021
Bild 3: Doppelseite eines Skizzenbuches ©ProLitteris, 2021
Bild 4: Flamingo Graffiti, Flamingo beim Hirschengraben 8001 Zürich, ©Manuela Hitz,
Bild 5: Flamingo Graffiti, Flamingo bei der Waldmannstrasse 8001 Zürich, ©Manuela Hitz,

In Zürich zeigen uns glücklicherweise noch zwei Flamingos was Schönheit und Freiheit ist. Ihre Standorte sind auf der digitalen Plattform www.sprayervonzürich.com zu entdecken.

Harald Naegeli im Zoo Zürich, 2021 ©Anna-Barbara Neumann

12.Mai 2021 – Gedenken zum 100.Geburtstag von Joseph Beuys

Harald Naegeli über Beuys:
“Ich kann mich noch gut an diese erste Begegnung erinnern. Als er mich mit seinem berühmten Hut an der Tür begrüßte, monierte er meinen
bürgerlichen Mantel und sagte: Sie sind nicht der Sprayer! Ich antwortete: Ich trage den Mantel als Tarnung. Darauf lächelte er. Ich bekam den Eindruck von einem Menschen, der auf ungeheure Weise sowohl nach innen als auch nach außen sehen kann. Er hatte damals schon meine Graffitis in Zürich gesehen, lange bevor sie von anderen überhaupt wahrgenommen wurden.” (Auszug aus einem Interview mit der Rheinischen Post, 4.5.2021)

 

Hier noch ein Video vom 24. April 1984, als Harald Naegeli von Deutschland an die Schweiz ausgeliefert wurde. Joseph Beuys und Klaus Staeck begleiteten ihn und gaben ein Interview am Grenzübergang in Riehen.

https://vimeo.com/144376747

Auszug aus dem Comic „Der Sprayer von Zürich“
©Andreas Müller-Weiss alias Sambal Oelek, Zytglogge Verlag, 1993

Das Video zum Projekt «Schule im Museum» ist ebenso erfrischend wie der Einblick, den drei Schülerinnen auf eigene Initiative mit ihrer kleinen Publikation dazu geben:

 

Barbara Streiff

Wenn Barbara Streiff vom Sticken spricht, glänzen ihre Augen. Sticken ist ihre grosse Leidenschaft, die sie seit der Kindheit in den Bann zieht. Bereits im Alter von vier Jahren hat sie damit begonnen. Vermutlich war es ihre geliebte Grossmutter, die Gobelin stickte und ihre Begeisterung dafür auf die kleine Barbara übertrug. Die Grossmutter war es auch, die ihrer Enkelin jene vorgezeichneten und vorgelochten Postkarten gegeben hatte, deren Blumen- und Tiermotive Barbara mit farbigen Garnen nachsticken durfte. Bald kam auch anderes dazu: Turnsäcke, Halstücher, alles Mögliche hatte Barbara bestickt. Und seit sie pensioniert ist und über mehr Zeit verfügen kann, ist diese Passion aus der Kindheit wieder aufgeflammt. Wenn sie aus irgendwelchen Gründen einmal ein paar Tage nicht sticken kann, machen sich Entzugserscheinungen breit. Es geht nicht ohne!
Manuela Hitz, die künstlerische Leiterin des Musée Visionnaire, die – wie Barbara Streiff im Zürcher Niederdorf wohnt – weiss um die Leidenschaft von Barbara. Im Gespräch wuchs die Idee, Barbara Streiff als Hausstickerin fürs Musée Visionnaire zu motivieren. Die stylischen Einkaufstaschen im Shop zum Beispiel sind ein Produkt von ihr. Vor mehr als einem Jahr erzählte Manuela beiläufig von der geplanten Ausstellung zu Harald Naegeli, worauf die Idee für die gestickten Karten mit den Naegeli-Motiven sozusagen schon Gestalt angenommen hatte. «Die linearen Zeichnungen von Naegelis Sprayfiguren sind geradezu prädestiniert zum Nachsticken», schwärmt die passionierte Stickerin. Kommt dazu, dass die Naegeli-Figuren bei der im Aargauischen aufgewachsenen Barbara Streiff schon einen nachhaltigen Eindruck hinterliessen, als sie mit 16 Jahren die Lehre als Vergolderin an der Predigergasse antrat. Das war in den 1970er-Jahren, als Naegeli seine nächtlichen Aktivitäten gerade aufgenommen hatte und noch niemand wusste, wer dahintersteckt. «Ich war auf Anhieb hin und weg von diesen Figuren. Sie waren einfach speziell, so ganz anders als alles, was ich bis dahin an Kunst kannte, und berührten mich zutiefst. Dass sie plötzlich wieder weg waren, machte sie noch geheimnisvoller», erinnert sie sich. «Sie nachzusticken heisst auch, sie zu bewahren. Das ist Balsam für meine Seele und hat – wie übrigens das Vergolden auch – eine meditative Komponente, die mich glücklich macht.»

 

An Ideen fehlt es ihr nicht. Aktuell arbeitet Barbara Streiff an einem ebenso aufwändigen wie originellen Projekt: Ein Altstadtprojekt, für das sie Quartierbewohnerinnen und Quartierbewohner stickt. Ungefähr 100 solche gestickten Konterfeis hat sie während der letzten vier Monate schon fertiggestellt– weitere werden sicher noch dazukommen. Barbara hat einen grossen Bekanntenkreis. Sie lebt seit 1973 im «Dorf», arbeitete 22 Jahre lang im Altstadthaus, dem Quartierzentrum des Kreis 1, 10 Jahre davon leitete sie eine Spielgruppe und 12 Jahre einen Mittagstisch. Aus diesem Grund ist sie eine halböffentliche Person, wie sie selbst sagt, und kennt entsprechend viele Menschen, die in der Altstadt wohnen. Wohl nicht alle, aber immerhin ein repräsentativer Teil davon, wird in die gestickte Galerie Eingang finden. Die Porträts, welche Barbara aufgrund selbstgemachter Handy-Fotos mit Nadel und Faden auf die wesentlichen Charakterzüge reduziert, sind sehr eindrücklich, und man darf gespannt sein, wenn sie dereinst im Altstadthaus ausgestellt werden.

 

Vielleicht bist du kürzlich in der Dämmerung beim Musée Visionnaire vorbei spaziert und hast dich über den neonfarbigen, im Wind tänzelnden Sensemann auf den Pflastersteinen vor unserem Schaufenster gewundert? Im Gegensatz zu Naegelis Sprayfiguren kann der nicht weggeputzt werden, sondern verschwindet von selbst, wenn ihn das Tageslicht verschluckt…

 

Digitales Häppchen zur aktuellen Ausstellung

Harald Naegeli – Der bekannte Unbekannte

Wir können es kaum erwarten, bis wir das Musée Visionnaire wieder öffnen und dir die längst fertig aufgebaute Ausstellung «Harald Naegeli – der bekannte Unbekannte» – endlich – zeigen dürfen. Bis es soweit ist, müssen wir dich leider mit einem digitalen Häppchen – einem Gespräch, das unser Vorstandsmitglied Dr. Thomas Heiniger mit Manuela Hitz und Yvonne Türler in der Ausstellung führte – vertrösten.

 

Niklaus Stauss 

Geboren in Zürich und aufgewachsen in Rapperswil (SG), absolviert Niklaus Stauss die Kunstgewerbeschule in Zürich und macht eine Ausbildung zum Schaufensterdekorateur bei Jelmoli, bevor er Fotograf wird und sein eigenes Atelier eröffnet. Seit 1958 arbeitet er auch für die Bildagentur Keystone. Besonders angezogen fühlt er sich von Kunst und Kultur, weshalb er sich bald einen Namen macht als Fotograf im Opernhaus, in Theater- und Konzertsälen, an Vernissagen, Ausstellungen, Lesungen und Festivals aller Art. Er ist international, insgesamt in 43 Ländern unterwegs und realisiert an der EXPO64 in Lausanne mit Grossvergrösserungen einen imposanten Pavillon. Mitte der 1980er-Jahre gründet er in Zürich die PPK+K, Photo Presseagentur und Archiv für Kunst und Kultur. Vier Jahre lang ist er zudem Hausfotograf beim Theater am Neumarkt. Eine Retrospektive mit dem Titel «Die Bugwelle der Bardot» in der Galerie Nicola von Senger sowie diverse Ankäufe folgen. 2011 erwirbt die Graphische Sammlung der Schweizer Nationalbibliothek (SNB) in Bern sukzessive das gesamte analoge Bildkonvolut aus den Jahren 1950-1999, um es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Obwohl Teile des Archivs von Niklaus Stauss 1984 durch einen Brand zerstört wurden, umfasst es heute mehr als 1,5 Millionen Bilder. Wir freuen uns, hier einige Rosinen herauszupicken:

 

Februar 1993,  Kunsthaus Zürich, Sprayperformance

Graffiti, Mai 1981

Unzählige von Naegelis Sprayfiguren im öffentlichen Raum sind spurlos verschwunden, einfach weggeputzt. Haben Sie noch Fotos davon? Auf der digitalen Plattform sprayervonzürich.com können sie hochgeladen und geteilt werden, sodass mit der Zeit unter Mitwirkung der Öffentlichkeit ein virtuelles Naegeli-Museum entsteht.

27. August 1998, Zürcher Predigerkirche

Harald Naegeli mit der Filmemacherin Nathalie David, deren Dokumentarfilm über den Sprayer von Zürich im Herbst 2021 in die Kinos kommt. ( 4. Mai 2019, Grossmünster, Zürich)

Die Fertigstellung des 2018 begonnenen Totentanzes im Karlsturm (Grossmünster) wurde wegen Zwistigkeiten aufs Eis gelegt. Zu sehen gibt es trotzdem einiges. Mit dem im Musée Visionnaire erhältlichen Naegeli-Pass kann er kostenlos besucht werden.

2020 wurde Harald Naegeli mit dem Kunstpreis der Stadt Zürich ausgezeichnet. Hier an der Preisverleihung im Schiffbau, Ende September.

Blättere mit uns in einem der vielen Skizzenbücher von Harald Naegeli, die Teil unserer Ausstellung «Harald Naegeli – der bekannte Unbekannte» sind und lass dich zu eigenem Tun inspirieren.

Stimme: Tom Tafel; Kamera: Toni Rey

Stimme: Tom Tafel; Kamera: Toni Rey

Museum geschlossen – und jetzt? 

Raus an die frische Luft! Begib dich auf die Spuren des Sprayers von Zürich und mache mit beim Aufbau des virtuellen Naegeli-Museums!

 

Und so geht’s:

Besuche die digitale Plattform
sprayervonzürich.com

Stöbere auf der Karte und entdecke die Naegeli-Figuren

Hast du schon Fotos? Lade sie hoch!

Hast du noch keine? Mach welche!

 

Werde Teil des Museums und stelle deine Bilder auf der digitalen Plattform aus. Einfach anmelden, hochladen und kommentieren.
Viel Spass!

Wir freuen uns auf viele Beiträge.
Geteilte Freude ist doppelte Freude!

Das Team Musée Visionnaire

Auge über Kopf (Ausschnitt), Harald Naegeli
Auge über Kopf (Ausschnitt), Harald Naegeli

Mit Vergnügen haben wir Harald Naegeli für seine grosszügige Aktion «Wolkegabe» Hand geboten. 47 Vermieterinnen und Vermieter, die Gewerbetreibenden und Kulturinstitutionen während des Lockdowns den Mietzins reduziert oder erlassen haben, durften wir im Musée Visionnaire empfangen, um ihnen das Geschenk von Harald Naegeli – eine signierte Originalzeichnung – zu übergeben. Die Freude war gross! www.wolkegabe.ch

Das Duo Air Collage ( Marcel Roth & Markus Tinner ) sorgt auch hinter verschlossenem Gitter für gute Stimmung im Musée Visionnaire. Die Melodie wurde von Grock komponiert und heisst „Propos d’amour.“

Wir haben good news – in der letzten Zeit durften wir im Zusammenhang mit dem Pilotprojekt «Schule im Museum» gleich zwei Auszeichnungen entgegennehmen:

 

Das Pop-Up Buch «Unsere Plastikwelt», welches von unserer Praktikantin Michèle Tratschin mit den Schüler*innen des Schulhaus Waidhalde gestaltet wurde, wurde beim Eduki-Wettbewerb als künstlerischer Beitrag für eine nachhaltige Zukunft mit dem 2. Preis ausgezeichnet.

 

Das Video, in welchem Kinder des Schulhaus Waidhalde über ihre Erfahrungen im Musée Visionnaire berichten, erhielt eine Auszeichnung vom LISSA-Preis «Begabungen machen Schule»:

Ein Blick in die geschlossene Ausstellung «Faxen Flausen Firlefanz», wo sich das Duo Air Collage (Markus Tinner und Marcel Roth) von Roy Bosier zu einem berührenden musikalischen Auftritt inspirieren liess. Eigenkomposition „Frau Gunjalé“

Motivation für grosszügige Vermieter:

Unter www.wolkegabe.ch verschenkt Harald Naegeli 50 Zeichnungen an Vermieter, die Gewerbetreibenden und Kulturinstitutionen während der Covid-19 Krise mit dem Mietzins entgegenkommen.

 

Die Originalzeichnungen können nach Vereinbarung im Musée Visionnaire entgegen genommen werden.

Das Duo Air Collage ( Marcel Roth & Markus Tinner ) sorgt auch hinter verschlossenem Gitter für gute Stimmung im Musée Visionnaire. Die Melodie wurde von Grock komponiert und heisst: „C’est L’Moment“.

 

Wir freuen uns, wenn wir wieder Gäste empfangen dürfen! Bis dahin gibt es einige Möglichkeiten, sich auf eine andere Art und Weise mit der Ausstellung zu beschäftigen.

Kreativ-Workshops

Kreativ-Workshop Nr.7

Erkundet mit uns verschiedene Möglichkeiten auf Harald Naegelis Spuren zu folgen. Über verschiedene Wege greifen wir das Thema der Vergänglichkeit anhand gestalterischen Prozessen auf.